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Ein „Check“-Flug 1992 ließ bei rationaler Abwägung keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass auf diesen Prüfungsflug 1993 ein nächster Check-Flug folgen würde. Die Dinge hatten sich anders entwickelt, als erwartet, vollkommen anders entwickelt. Der „forensische Sachverständige“ verdrängte das Fliegen zur „Nebensache“. Für das Fliegen blieben nur noch weitaus weniger Ressourcen als erhofft, bei sachlicher Abwägung seit geraumer Zeit eigentlich schon gar keine Ressourcen mehr.
Ein letzter maximaler Endomorphin-Kick bei dem, natürlich simulierten, Emergency-Decent aus 38.000 Fuss. Noch einmal ein innerer Höhenflug, weil der simulierte „Einmotoren-Flug“ (im Lear-Jet ohnehin viel leichter zu fliegen als in anderen mit zwei Triebwerken ausgerüsteten Business-Maschinen) scheinbar so leicht von der Hand ging. Selbst der (so gefürchtete) „go around“ im Anflug auf die 26 in Dortmund – eingeleitet kurz vor der Schwelle aus nicht mal mehr 100 Fuss – blieb von Seiten des „Prüfers“ unbeanstandet. Dieser einmal mehr traumhaft intensive Prüfungsflug in einem Jet generierte noch ein letztes Mal diese trügerische innerpsychische Dynamik, an dem Unausweichlichen doch noch irgendwie vorbeizusehen zu dürfen.
Dabei stand längst fest: Eine 80plus Stunden-Woche als forensischer Sachverständiger implementierte allein schon aus Gründen psycho-physischer Auslastung eine ausschließende Inkompatibilität mit dem zuverlässigen Abrufen psychischer, psychomotorischer und exekutiv-kognitiver Spitzenleistungen nachts im Cockpit eines Mach 0,8 schnell Jet.

Anspruchsvolle, mit Dringlichkeit zu erledigende Gutachtenaufträge bedeuteten Unvereinbarkeit mit den Anforderungen an das verantwortliche Fliegen einer Flugmaschine überhaupt. Entweder/oder – diese Entscheidung war längst getroffen worden: zugunsten der Forensik, (eigentlich der Menschen, die von Forensik betroffen waren) – diese Entscheidung war nur noch nicht zur Kenntnis genommen worden.

Herbst 1994: Abstellen meiner Turbo-Arrow auf dem Vorfeld des Flugplatzes Essen-Mülheim. Noch ohne Vorahnung, dass dies gerade mein letzter Flug gewesen war – nach 22 Jahren im Cockpit, 2400 Flugstunden als „Pilot in Command“ …

Mein großes Vorbild, als Pilot, als Persönlichkeit, auch als Mensch, würde ich mich festlegen, ist und wird immer bleiben der französische Jagdflieger Pierre Clostermann, Autor von „Le Grand Cirque“ („Die Große Arena“) und  „Feux du Ciel“ („Brennender Himmel“).

Dem Ziel, so zu fliegen, wie Pierre Clostermann zu fliegen vermochte, bin ich nicht einmal entfernt näher gekommen. Dieses Ziel habe ich total verfehlt. Wir haben es beide auf über 2000 Flugstunden gebracht, ich aber auf keinen einzigen Kampfeinsatz. Vermessen daher, sich mit einem Flieger wie Pierre Clostermann zu vergleichen, was auch gar nicht versucht werden soll.

Obwohl: Fasziniert haben Pierre Clostermann seiner Zeit die Arado 234 und die Messerschmitt Me 262, die Kampf-Jets deutscher Provenienz, 1941-1945. Nach meiner Kenntnis hat Pierre Clostermann nie Gelegenheit gefunden, eine Me 262 aus Beutebeständen zu fliegen. Dies scheiterte 1945 an technischen Problemen, an Schwierigkeiten mit den Triebwerken. Pierre Clostermann hat diesen Jet unbedingt fliegen wollen.

Lange Zeit hat sich die Frage gestellt, aus welchen Gründen es bei mir unbedingt, völlig sinnwidrig eigentlich, der Lear-Jet hatte sein müssen.

Die Antwort kenne ich mittlerweile. Ich habe es dem Jagdflieger zeigen wollen. Dass ich nicht an ihn heran reiche, als Pilot, als Flieger, habe ich nie bestritten.

Aber, der Lear-Jet 25c hätte ihn beeindruckt. Von den Steigleistungen her der Me überlegen, (halfloaded unter ISA Bedingungen bis zu 6000 Fuss in der Minute, die Messerschmitt schaffte gerade mal 4000), zumindest in großen Höhen mit Sicherheit schneller als die Messerschmitt, (Mach 0,9 waren nach Flight-Manual streng untersagt, aber Ehrensache, die trotzdem zu erfliegen, natürlich ohne Passagiere), und selbstverständlich kann der Lear-Jet mit Leichtigkeit Rollen und Loopings fliegen.

Offiziell hat das natürlich niemand geflogen – offiziell. „Faßrollen“ kann ein Flieger mit jedem Flugzeug fliegen und mit einem Lear-Jet fliegt sich so eine gesteuerte Rolle wie von selbst …

Die Me-262 war „heikel“ zu fliegen, wie Pierre Clostermann es formuliert hat, neben anderem wegen ihrer hohen Landegeschwindigkeit.

Dies kennzeichnet den Lear-Jet 25 in gewisser Hinsicht genauso. Richtig entschärft worden ist das „bissige“ Abrissverhalten der Lear-Jets beim „Überziehen“, dem „Stall“, dem zu langsam fliegen mit Strömungsabriss über den Flächen, erst mit den Jahre später völlig neu entwickelten Tragflächen der „Longhorn“-Varianten Lear-Jet 55, Lear-Jet 31, Lear-Jet 45 und 44.

Also wehe, unter 1000 Fuss wurde die wahre Abrissgeschwindigkeit zu sehr auf die Probe gestellt. Der Lear-Jet 25 wollte konstruktionsbedingt vor Erreichen der Stall-Speed „von selbst“ die Nase herunter nehmen, Fahrt aufnehmen, begann zu „bocken“. Eine Gefahrenlage war insoweit beim besten Willen nicht zu verkennen. Doch brauchte bloß so eine blöde Windscherung aus einer TAS (True Air Speed) von 130 Kts (Knoten) urplötzlich eine von 110 werden zu lassen oder es nur Probleme mit dem Powermanagement im Einmotoren-Flug zu geben. Dann hielt einen  Lear-Jet nichts mehr. Begleitet durch eine sehr unschöne, oft und oft sehr heftige Rotationsbewegung um die Längsachse bestrafte der Jet seine Piloten mit sehr viel Höhenverlust, war auf dem Sturz nach unten erst einmal nur noch mit dem Seitenruder steuerbar, während das Höhenruder besser „gedrückt“ gehalten blieb, also Richtung „Sturzflug“. Denn das einzige, was den Jet noch retten konnte, war Speed, war, Geschwindigkeit aufnehmen, um ihn so wieder in einen aerodynamisch steuerungsfähigen Flugzustand zu überführen.

Demonstrationsflüge, ausgeführt durch Test-Piloten, bezeichnenderweise nicht Trainingsflüge, in denen solche Stalls erzwungen werden, sind nie unter 17.000 Fuss Höhe vorgeführt worden.

Wie erwähnt, lässt ein Lear-Jet 25 dies von sich aus eigentlich gar nicht zu, welche Tradition die später neu konstruierten Lear-Jets 55, 31, 45, 40, 60 und 75 übernommen haben. Ein Pilot muss einen Lear-Jet in diesen überzogenen Zustand hineinzwingen. Entscheidet ein Pilot sich zu so etwas, dann besser in einer Flughöhe von nicht weniger als 17.000 Fuss, mithin über 5000 Metern Höhe, und er sollte den Lear-Jet und zu erwartenden Flugzustände sehr gut beherrschen.

Besonders heikel ist das Überziehen in „cleanem“ Zustand, also ohne „Auftriebshilfen“, ohne ausgefahrene Landeklappen.

Zeichen für deutliche Störungen setzen da schon bei 150 bis 155 Knoten ein.

Ohne Klappen bedeuten 150 Knoten zudem einen extrem hohen Anstellwinkel. Der Lear-Jet hängt richtig am Himmel, braucht zum Stabilisieren dieses Zustandes wenigstens 70 Prozent Schub. Das einsetzende Rollen um die Längsachse lässt sich kaum unter Kontrolle halten.

Wer jetzt noch eine geringere TAS forciert, erlebt, nur viel schneller und heftiger, die eingebauten Gegenmanöver des Lear-Jet, ein, heftiges, durchsacken, auch mit Absenken der Nase. Reicht dem Piloten das nicht, liegt die Fahrt, bei der der Jet unkontrollierbar wird, bei etwas unter 140 Kts. Auch in Abhängigkeit davon, ob der Jet gerade „schiebend“ geflogen wird und wie stark er über die Flächen rotiert, vollzieht der Jet, schon fast „blitzartig“ seinen „Absturz“.

Kein „Check-Pilot“ will so etwas sehen. Geprüft wird, dass die Warnzeichen des Jet erkannt, folgerichtig sofort Full Power gegeben, gleichzeitig kontrolliert etwas Höhe nachgegeben wird, um ganz schnell aus dem Grenzbereich zur Stallspeed heraus zu kommen. Sollten die Klappen auf 35 Grad gesetzt sein, sind diese sofort auf 25 zurückzufahren.

(Übrigens: Erst danach „gear up“. Die Fahrwerksklappen erzeugen bis zu 8 Sekunden noch mehr Widerstand und zusätzlichen Widerstand kann in dieser kritischen Phase erst einmal niemand gebrauchen. Das Fahrwerk kann warten. Der Lear-Jet steigt auch mit ausgefahrenem Fahrwerk – und wie.)

Der Vorzug des Lear-Jet: Bei seinem Leistungsüberschuss und seiner aerodynamischen Hochwertigkeit schwingt er sich nach spätestens 6 Sekunden zu einem nachhaltigen Steigflug auf. Alles ist überstanden, alles wieder im „Grünen Bereich“ – wenn der Pilot die Air-Speed im Auge behält, mit dem Anstellwinkel nicht übertreibt.

Der Absturz aber – und deshalb gilt für solche Manöver eine Sicherheitshöhe von 17.000 Fuss – kann den Lear-Jet, wenn er in der Sturzbewegung ins Rotieren geraten ist, in einen „Spiralsturz“ übergehen lassen. Spiralsturz stellt wie das „Spinnen“ („Trudeln“) einen gefürchteten Flugzustand dar, weil er schnell zur Überlastung der gesamten Konstruktion führt. Dabei erhöht der Lear-Jet in einem atemberaubenden Tempo seine Fallgeschwindigkeit und gerät in eine immer höhere Schräglage.

Behält die Crew die Nerven, bekommt sie den Jet aus diesem Zustand kontrolliert heraus. Muss sich aber dazu entscheiden, erst mit den Querrudern die Schräglage zu reduzieren, was der Jet dankbar mit einer Weitung seiner Kreise quittiert und mit Rückgang der G-Belastung. Erst jetzt wieder „fliegbar“, folgt das Rettungsmanöver für den Lear-Jet und seine Crew mit dem Höhenruder. Im Wissen, das ein Überschreiten der Vne den Jet nicht gleich umbringt, die Flächen eines Lear-Jet im Übrigen so intensive Schockwellen auslösen, dass er „von selbst“ nicht Überschall fliegen will, wird behutsam abgefangen. Ein sehr bewusstes Pilotieren gehört dazu, den Boden im Sturzflug mit bis zu 200 Metern in der Sekunde auf sich zurasen zu sehen, und trotzdem bei dem Abfangbogen mehr als 4 Gravo auf jeden Fall zu vermeiden. Dass 1000 Meter Höhe noch so gerade eben reichen, kennen nur Kampf-Jet-Piloten, die solche Manöver routinemäßig fliegen, und – erfahrene – Testpiloten aus eigener Erfahrung, niemals hingegen „reine Zivil-Piloten“.

Der Ausgang dieses Manövers kann Jet und Crew ohne weiteres auf 3000 Fuss und weniger herabgebracht haben. Wo sie jetzt genau nach Check-Liste auf Schadenssuche gehen und ihren ramponierten Jet im Notverfahren ganz vorsichtig zum nächsten Platz fliegen. Denn mit ziemlicher Sicherheit der Lear-Jet bei dieser rabiaten Behandlung irgendwas abbekommen.

Mit einiger Wahrscheinlichkeit hat es außerdem einen flame-out bei einer der Turbinen gegeben. Also, auch noch Ein-Motoren-Flug und der Versuch, die tote Turbine wieder zu starten

Stalls bei ausgefahren Auftriebshilfen verlaufen weitaus weniger heftig, sind beherrschbar, wenn die Crew sofort reagiert.

Aber hier besteht das Problem darin, dass der Jet mit ausgefahrenen Klappen viel eher auf Betriebsgrenzen stößt. Kommt es doch zum Stürzen und zu einem Übergang in den Spiralsturz, wird die mechanische Stabilität der Landeklappen auf eine harte Probe gestellt. „Kann zu schweren Schäden führen“ besagt das Flight-Manual dazu, lässt leider im Unklaren darüber, was der Hersteller möglicherweise über Unfälle weiß.

So aber sind viele Lear-Jet 24, -25, -35, -36 gerade bei Landeanflügen verunfallt, weil sie in den nicht mehr steuerbaren Zustand geraten, die Flughöhe für ein Rettungsmanöver nicht mehr gereicht oder die Crew letzte Chancen für eine Rettung der Maschine verpasst hat.

Dann ist da außerdem noch diese Neigung des Lear-Jet unter 150 Kts TAS zu „rollen“. Profis mit 500 Stunden und mehr bemerken das nicht mehr. Halten dieses Eigenleben des Jet intuitiv mit diskreten Querruderausschlägen unter Kontrolle. Anfänger kämpfen dagegen an, übersteuern, was wildes Hin- und Hergeschaukel bedeutet: Einer der Gründe, warum das Type-Rating für den Lear-Jet 25 seiner Zeit so unerschwinglich teuer ausgefallen ist. 25 Stunden Minimum, bis der Jet auch im Langsamflug einigermaßen in der Hand gelegen hat. Das bedeutete seiner Zeit nicht unter 50.000 Dollar

Grundsätzlich ist eher versucht worden, eine TAS von 170 KTs stehen zu lassen, dann ziert der Jet sich weitaus weniger. Doch über der Schwelle der Landebahn sollten es nicht mehr als 120 Kts TAS sein, sonst tut´s dem Fahrwerk zu sehr weh, fangen die Bremsen, (beim Lear-Jet 25 ohnehin nicht die aller wirksamsten), zu qualmen an, wird eine Landebahn sehr schnell viel zu kurz. Nicht gerade wenige Lear-Jets – in den offiziellen Unfallstatistiken stark unterrepräsentiert – sind in Europa mit den berüchtigt „kurzen Bahnen“ „in der Botanik“ oder in „Geröll und Sand“ gelandet, also mehr oder minder heftig über die Bahn hinaus geschossen. Je nach Heftigkeit führte dies an den Maschinen zu schwersten Schäden – und psychologisch dazu, dass die Passagiere mit Sicherheit nie mehr Lear-Jet fliegen wollten.)

Kurzum: Lear-Jet-24 bis -36 haben bei aller Power und Leichtigkeit des Fliegens etwas von einer aviatischen Diva. Learjets der Serien 25, 25, 35, 36 sind keinesfalls einfach, sondern eher sogar, in den Grenzbereichen, „gefährlich“ zu fliegen.

Sic! Die nicht gerade geringe Unfallstatistik.

Der Lear-Jet ein Pendant zur Me-262? Auf alle Fälle hat es Piloten gegeben, denen die Me trotz aller Reize zu gefährlich, zu schwierig erschien, die sich für einen Verbleib auf Maschinen mit Kolbenmotoren entschieden.

Genau so etwas hat sich auch beim Lear-Jet immer ergeben. Nicht zuletzt erfahrene Airliner-Piloten, die von großen Jets kamen, konnten mit einem Lear-Jet oft und oft nicht warm werden. Er lag ihnen nicht, mit seiner Agilität, seiner Labilität – seinen „Unarten“.

Vielleicht bin ich mir deshalb vorgekommen wie ein Me-262 Pilot, Pilot einer Me-262, die mein Idol nicht geflogen hat – dann hätte ich Pierre Clostermann wenigstens dieses eine Mal auf Augenhöhe begegnen dürfen, vielleicht …

Ich habe mich nie „hinter“ eine andere Maschinen „gesetzt“, um das Feuer zu eröffnen, habe nie in einer Maschine mit Bewaffnung gesessen – wenngleich in für Akrobatik zugelassenen Maschinen oft und oft Dogfight-Elemente trainiert. (RF-4D, ein kleiner, aber hoch agiler Motorsegler, („Me-109“ wurde sie manchmal genannt), sie hat mir meine vielen, vielen Anfängerfehler alle verziehen.

Entgegen allen Erwartungen hat eine Extra 230, als letzter Höhepunkt unter den Kunstflugmaschinen, die erste Landung heil und unbeschadet überlebt.

Pitts special habe ich strapaziert, wobei man da die Eigner schon sehr gut kennen musste, und Zlin 42 – wann immer die finanziellen Mittel dies zuließen.

Mit einem Repertoire an gerissenen Rollen, Splits und engen Turns aus angerissenen Rollen heraus fand ich mich gar nicht so schlecht. Hätte zumindest ein schweres Ziel abgegeben.

Das mit dem „Roten Vorhang“ habe ich gut gekannt, oft und oft ausgelöst – um mir hinterher vorzukommen wie Werner Voß oder Chuck Yeager persönlich.

Mit ein paar Eingeweihten sind zuletzt sogar Yo-Yo-Profile zum Programm geworden. Habe mich fast erschrocken, wie leicht und wie schnell „der andere“, wiewohl mit über 80 Grad über die Tragflächenspitze kurvend, nach einem High-Yo-Yo oder einem Barrel Roll Attack plötzlich „vor einem“ heraus kommt, der „Vorhaltewinkel“ nicht einmal besonders groß ist. Das funktioniert wirklich – das mit dem Hochziehen und dem Überschlag in einer mit G´s gezogen Kurve.

„Auf dem Rücken liegend“ sieht man bei der Gelegenheit noch ganz hervorragend, was der andere „über einem“ gerade macht, kann das Herabstoßen, den „Angriff“, wunderbar koordinieren. Schön, so lange sich der andere darauf beschränkt, Zielscheibe zu fliegen. Das waren immer unsere Regeln. Damit unsere völlig verbotenen Luftspiele nicht doch in einem Unfall endeten. Jeder, der dabei mitgemacht hat, hat viel über sich und das Fliegen einer Flugmaschine dazugelernt, war hinterher ein besserer Pilot, avancierte vielleicht sogar zum „Flieger“- was etwas ganz anders ist als „nur“ Pilot. Letzter steuert ein Flugzeug, vollzieht dies unter Umständen sehr versiert und sehr zuverlässig. Anwärter mit reinen Piloten-Ambitionen haben bei der Vorauswahl einer großen Airline die entschieden besseren Aussichten: Die Flugmaschine bleibt auf ein Fortbewegungsmittel reduziert – so stellt man sich das vor.

Ein „Flieger“ fliegt „mit“ seinem Flugzeug, „verbindet“ sich mit seinem Flugzeug, gelangt zu Entität mit „seinem Flugwesen“, das er innerlich wahrnimmt, spürt, aus inneren eigenen Regungen heraus wie seinen eigenen Körper in allen irgendwie denkbaren Lagen sich bewegen, steigen, fallen, kurven, gleiten, manövrieren lässt.

Doch führt diese schön malende romantisch verklärende Verbalakrobatik an der Erkenntnis nicht vorbei, dass ich als Jagdpilot die ersten 10 Einsätze nicht überlebt hätte. Nervlich zu labil, nicht reaktionsschnell genug – also keine falschen Schlussfolgerungen.

Mit Pierre Clostermann darf ich mich niemals vergleichen – unter keinen Umständen.

Doch was mir Pierre Clostermann, der Kampfpilot, vermittelt hat, ist, wie er seinen Flugmaschinen, seinen Flugwesen, mit denen er sich als Pilot, als Flieger, verbunden hat, emotional verbunden gewesen ist, wie er sein Flugzeug, dies scheint mir nicht übertrieben, wie er seine Flugmaschine geliebt hat.

Pierre Clostermann schreibt, dass er sich auf seinem letzten Flug von „Grand Charles“, seiner „Tempest“, unter Tränen verabschiedet hat.

Mein Glück ist nur gewesen, dass ich bei den letzten Flügen nicht gewusst habe, dass dies die letzten Flüge waren – sonst hätte ich wenigstens so geweint, wie Pierre Clostermann, der Jagdflieger.

Pierre Clostermann stellt in Vor- und Nachworten in seinen Werken die Frage nach dem Sinn, der Sinnhaftigkeit seines Einsatzes als Kampfpilot – und scheint dabei für sich selbst zu keinen durchschlagend überzeugenden Erklärungen gelangen zu können.

Genau dieses Rätsel nach dem Warum setzte dann doch irgendwann ein. Nicht nur, weil mir klar wurde, dass ich als nicht ganz untalentierter Linkshänder meine linke Hand amputiert hatte. Nicht nur, weil ich den Einsatz als forensischer Diagnostiker zwar in jedem Fall als große Herausforderung wahrgenommen, es aber als wenig aufbauend erlebt habe, einen Funktionsträger abzugeben, der zwar gebraucht wird, im Zweifelsfall aber, selbst wenn ein akzeptabler Job abgeliefert worden ist, eher Abreibung abbekommt.

Außerdem in jedem Fall ganz auf sich allein gestellt bleibt, im Verfahren „den einsamsten Mann“ markiert.

Und nur im Idealfall ist man zufrieden.  Der Vertreter der Anklagebehörden kann den verloren gegangenen Antrag auf eine lange Haftstrafe nicht verwinden. Das sagt der Staatsanwalt nicht, doch die bittere Mine spricht Worte.

In Ehren ergraute Berufsrichter zeigen sich irritiert ob verwandter Fachbegriffe, beklagen, in der Regel aber nur, bevor sie das vorbereitende schriftliche Gutachten endlich auch einmal selbst gelesen haben, die „Ausführlichkeit“ oder auch die „Wendung im Verfahren“ – beinahe so, als wäre die Psychose dem Angeklagten erst durch den Gutachter implantiert worden, so, als wäre der „Gutachter“ „verantwortlich für die Psychose“, was natürlich, wenn ein Gericht dies vorher nicht auf dem Schirm gehabt hat, jetzt die Beweisaufnahme unter ganz anderen Vorzeichen ablaufen lässt.

Strafverteidiger wiederum fürchten um ihr Renommee, wenn, gerade als Ergebnis einer mit der gebotenen Genauigkeit vollzogenen forensischen Begutachtung, das Ergebnis oft und oft darin besteht, dass sich ein Verdacht auf eine forensisch relevante Belastung ihres Angeklagten eben nicht bestätigt. Was nicht bedeutet, dass der Angeklagte „nichts hat“, aber bedeutet, dass die “Schwelle zum „21“ nicht erreicht und überschritten wird – aus ärztlich-gutachterlicher Sicht zumindest.

Da bedarf es Charakterstärke, sich von derlei Undulationen und Dissonanzen nicht beeindrucken zu lassen. Den Job richtig zu machen, die Maßstäbe immer höher zu setzen, herauszufinden, zu analysieren, was hätte man besser machen können – oder sollen, (so, wie wir das als Piloten, als „Flieger“ immer gehalten haben), nur darum geht es – und natürlich darum, dem Probanden gerecht zu werden.

Ein auch nur in Teilen „falsches“ Gutachten – oder, fast wichtiger noch – ein ungeschickt vermitteltes Gutachten würde zum Schaden des betroffenen Probanden geraten.

Kein Fehler, sich das, auch nach 30 Jahren, immer wieder vor Augen zu halten.

Da ist Verantwortung wahrzunehmen. Verantwortung für einen potentiell als – unter Umständen sehr schweren – Rechtsbrecher zu beurteilenden Probanden, aber einen Probanden, der immerhin als Mensch figuriert.

Wie schön und beschaulich waren da doch die Zeiten der aviatischen Onanie – schön, erlebnisintensiv, unbelastet von derlei Erwartungen und Zwängen – doch völlig sinn-, nutz- und zwecklos, wie es schien.

Diese Hypothese mit zunehmendem Zwangscharakter hat mich halb wahnsinnig werden lassen. Ist das alles nur verplemperte Zeit gewesen, ein Ausdruck unendlicher Verschwendung von Zeit und Ressourcen?

Diese 22 Jahre, wo sich motivbildend alles nur darum gedreht hat, irgendwie in die Luft zu kommen?

Mein fliegender Schatten hat mich noch einmal gerettet, mir die Lösung zukommen lassen. Im Vorwort zu „Die große Arena“ aus der letzten Auflage 1990.

Pierre Clostermann schreibt: „Vielleicht wird es all denen nicht gefallen, aber ich kann ihnen in letzter Konsequenz sagen: Ich habe von meinem Flugzeug aus gesehen, was viele andere niemals kennen lernen werden.“

Das ist es: Die 22 Jahre haben mich – in jeder Beziehung – anders werden lassen. Der Umgang mit den Flugmaschinen, den aviatischen Wesen, (vielleicht auch der Umgang mit den Menschen in ihrer unmittelbaren Umgebung), hat mich sensitiver, wahrnehmungsfähiger, reaktionsfähiger, analytischer werden lassen, sogar emotionaler, verantwortungsvoller, tiefgründiger, vor allem aber kritischer und viel, viel problembewusster. Dieser Impetus, Ursachen und Zusammenhänge aufzuklären, zu verstehen und wenn erforderlich, nicht auf sich beruhen zu lassen, hat sich zu einem dominierenden Moment entwickelt.

Das war´s, die Antwort und die Lösung: Ich bin kein Pilot mehr. Aber das, was ich bin, verdanke ich dem Piloten, der ich mal gewesen bin. Keine der 3000 Stunden ist vergeblich gewesen.

Merci, Mon Commandant …

… und ist nicht ohne Auswirkungen geblieben.

An der Erkenntnis gibt es kein Vorbeikommen. Vor allem Kampfpiloten unterlagen sehr oft erschreckenden biologischen Alterungsprozessen. Mit 40 Jahren das äußere Erscheinungsbild des eigenen Großvaters. Völlig grau, das Gesicht zerfurcht, gegenüber ihrem Äußeren im Lebensalter von 20 bis 25 nicht wiederzuerkennen.

Extreme Stressbelastung, der seiner Zeit obligate extreme Nikotin- und Alkoholkonsum, eine wenig biologische Ressourcen schonende Lebensführung überhaupt, zählten sicher zu relevanten Ursachenfaktoren.

Fliegen – ein „Pro“-Aging?

Wohl nicht zwangsläufig – sic! Chuck Yeager, mit 91 Jahren in „seiner“ F-15 …

Der intensive Kontakt mit Edmund Chein in Kalifornien ab 1998 hat Knoten aufgeschlagen,  neue Horizonte eröffnet. Ob und wie wir biologisch altern, darauf haben wir einen ungeheuren Einfluss – wenn wir dies wollen, wenn wir konsequent danach handeln. Gerade Piloten profitieren davon – von einer auf körpereigene Substanzen und auf für den Körper funktionswichtige Naturstoffe gestützten Komplementärmedizin.

Die Phänomene, die das zeitigt, nimmt die Öffentlichkeit, nimmt ein breites Publikum – „er verhöhnt das Alter“ – mit Erstaunen zur Kenntnis.

… und haben auch das ausgelöst:

30 Jahre entlang hangeln an menschlichen Abgründen und Katastrophen haben als übergreifendes Empfinden das eine unauslöschlich verfestigt: In höchstem Maße verängstigt zu sein wegen des globalen Verfalls an Menschlichkeit und kollektiver Verantwortung.

Um die Zukunft zu fürchten wegen des rapiden Zerfalles kulturgestützter und sozialer Intelligenz, wegen der Auslöschung auf Moral und Verantwortung basierender Kritik- und Urteilsfähigkeit.

Haben eine persönliche Entschlossenheit zustande gebracht, aufzustehen und Gegenwehr zu leisten, gegen diese pervertierte Dominanz eines alles durchsetzenden anonymen globalen Materialismus – getarnt und verharmlost als „Globalisierung“ und „Digitalisierung“.

Der durch über 60 Jahre Leben (22 Jahre „Fliegen“) kumulierte input verlangt nach entschlossenem Eintreten für globale Rehumanisierung, Rückerlangen eines auf Verständnis und Akzeptanz beruhenden intensiven zwischenmenschlichen Umganges, mit aller höchster Priorität nach den Schutz der noch verbliebenen irdischen Lebensräume sowie in Deutschland nach einem maximalen Engagement für die Wiedereinführung einer aktiv gestalteten Meinungs- und Pressefreiheit ohne jede Einflussnahme durch Firmen- und Familienstrukturen und – mit äußerster Dringlichkeit – eine völlige Neugestaltung  Kind- und jugendgerechter Lebensumfelder, Entwicklungsräume sowie Anleitungs- und Bildungssysteme.

Die „Nach Uns“ müssen im zentralen Mittelpunkt aller unsere Bemühungen, aller unserer Aktivitäten und Zielvorgaben stehen. Wir alle sind gemeinsam gefordert und verantwortlich für jedes junge menschliche Leben, das auf diese Welt gelangt, vom Tag seiner Zeugung an, ab dem ersten Tag seiner Geburt.

Die Sozialisationen Terras handeln vorsätzlich, zumindest aber fahrlässig kaum etwas mehr zuwider als gegen das unbedingte Gebot des globalen Kindeswohles, des globalen Rechtes aller Kinder auf schützende, begleitende, ihre natürliche körperliche und geistige Entwicklung fördernde, unterstützende und schützende Lebensbedingungen.

Selbst die Perspektiven von Kindern mit hoher materieller Absicherung sind bedroht. iphone 10 in den Händen einer 10- und eines 8-jährigen im Restaurant, ihnen gegenüber die attraktiv ausschauenden Eltern, nur mit Blick auf ipad und ihrerseits iphone, können nur einen Zustand tiefster innerer Beunruhig aufkommen lassen …

 Daher entschlossener Gegner der Digitalisierung als monomodaler perspektivischer Zukunftskonzeption.

Die wahre Zukunftsperspektive kann nur lauten: „Humanisierung“, „Reconnaissance“ und „Aufklärung“  –  als logische Konsequenz aus den globalen geistig-materiellen Wertverlusten und des globalen geistigen wie moralischen Verfalls.

Dieser globale Schwachsinn – er kann nur aufgehalten werden durch Aufklärung.

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.

Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Sapere aude!

Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!

–  ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

(Immanuel Kant)